Zilie

Als Zilie oder Cilium (lat. cilium ‚Wimper‘) bezeichnet man eine besondere Form des Zellfortsatzes bei Zellen von eukaryoten Organismen. Die zylindrische, 5–10 µm lange und etwa 250 nm schlanke Ausstülpung der Zellmembran enthält neben Zytoplasma ein röhrenförmiges Skelett aus Bündeln von Mikrotubuli, das sogenannte Axonem. Dieses Gerüst besteht aus neun kreisförmig angeordneten Mikrotubuli-Dubletts (9×2), in deren Mitte zwei zentrale Mikrotubuli liegen können (9×2+2) oder nicht (9×2+0). Man unterscheidet danach

  • Sekundäre Zilien mit zentralen Mikrotubuli, Bauplan 9×2+2, die zumeist aktiv bewegbar, motil sind.
Sekundäre Zilien unter dem Elektronenmikroskop: im Querschnitt wird die Struktur 9 × 2 + 2 sichtbar.
Solche werden auch Kinozilien, Flimmerhärchen oder Wimpern genannt und mit den ähnlich aufgebauten, etwas längeren Geißeln der Eukaryonten als Undulipodien („wellenschlagende Füßchen“) zusammengefasst. Während einzelne Zellen durch Bewegungen ihrer Geißeln sich selber fortbewegen, bewegen miteinander verbundene Epithelzellen mittels ihrer Flimmerhärchen in abgestimmter Aktion beispielsweise Flüssigkeiten in den Bronchien oder ein Ei im Eileiter über die Epithelfläche.
• Möglich wird die Eigenbeweglichkeit sekundärer Zilien erst durch eine Ausrüstung mit zusätzlichen Proteinen, welche die Mikrotubulipaare untereinander verbinden (Nexin-Band, Radialspeichen) und gegeneinander verschieben (Dynein-Arme). Fehlen diese, sind auch Zilien mit 9×2+2 Muster nicht motil, so etwa die Geruchsrezeptoren tragenden Zilien[1] der Riechzellen.
  • Primäre Zilien ohne zentrale Mikrotubuli, Bauplan 9×2+0, die in der Regel nur passiv bewegbar sind.
Primären Zilien sind auch die nodalen Zilien eines Mausembryos (elektronenmikroskopische Aufnahme)
Womöglich tragen alle Zellen des menschlichen Körpers je eine solche primäre Zilie, die während der embryonalen Entwicklung und bei der Differenzierung von Geweben eine wichtige Rolle spielt und als Mechano- oder Chemosensor dienen kann.
• Doch schließt ein (primärer) Aufbau ohne zentral gelegene Mikrotubuli eine aktive Beweglichkeit nicht prinzipiell aus. Die nodalen Zilien – benannt nach dem embryonalen Primitivknoten (lat. nodus ‚Knoten‘), einer Bildung während der Gastrulaphase der Embryonalentwicklung von Säugern, wo dieser Zilientyp entdeckt wurde – beispielsweise sind 9×2+0 gebaut und dennoch motil. Ihre Aktivität erzeugt einen asymmetrischen periembryonalen Fluss, der zur seitendifferenten Expression von Signalproteinen (wie Nodal) führt und darüber die Lateralisierung innerer Organe bewirkt.

Das Forschungsinteresse galt lange Zeit fast ausschließlich den durch ihre Beweglichkeit auffälligen Kinozilien, während man die unscheinbaren primären Zilien zwar sah, aber wenig beachtete. Seitdem sich jedoch ab etwa 2000 zeigte, dass die Entwicklung des tierischen Organismus und die Funktion vieler seiner Organe entscheidend von der Anwesenheit gesunder primärer Zilien abhängt, werden diese intensiv untersucht, beziehungsweise die als Ziliopathien damit verknüpften Erkrankungen, etwa ein Kartagener-Syndrom beim Menschen.

Zilien kommen bei vielen Eukaryonten vor. Im Tierreich sind sie auf fast allen Zelltypen zu finden, bei Pflanzen allerdings selten, insbesondere nicht in Blütenpflanzen, beispielsweise aber in Palmfarnen vorhanden. Bei Fadenwürmern und Gliederfüßern werden nur primäre Zilien in einigen Nervenzellen gefunden. Einzeller wie Wimpertierchen besitzen nur sekundäre Kinozilien.

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